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Ärztemangel

Ärztemangel in der Schweiz – ein Überblick

Noch immer hallen in der Schweiz die Folgen der Corona-Pandemie nach und ein Ende scheint nicht in Sicht: Medikamentenengpässe, verschobene Operationen, Bettenknappheit, Spital- und Laborschliessungen, Versorgungsengpässe in der Psychiatrie, der Pflege und auf dem Notfall, fehlende Hausärztinnen, Fachärzte oder Jugendpsychiaterinnen, steigende Nachfrage für Plätze in Alters- und Pflegeheimen… Der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen hat Konsequenzen für die ganze Gesellschaft, aber in ganz besonderem Masse für das Pflegepersonal und die Ärztinnen und Ärzte.

 

Aktuelle Situation in der Schweiz

Eine im Oktober 2022 veröffentlichte Studie des Beratungsunternehmens PWC prognostiziert für 2040 düstere Zahlen: 2040 werden voraussichtlich 40’000 Pflegekräfte und 5’500 Ärztinnen und Ärzte fehlen. 

Momentan mangelt es vor allem an Hausärztinnen und Hausärzten, aber auch in der Kinder- und Jugendmedizin oder in der Gynäkologie – Nachfolgerinnen oder Nachfolger sind kaum mehr zu finden. Vor allem für ländliche Regionen, wo diese Praxen die medizinische Versorgung eines relativ grossen Gebiets sicherstellen, hat das prekäre Folgen. Routineuntersuchungen oder Bagatellverletzungen landen so auf dem Notfall. Dieser wird “unnötig” überlastet. 

Und ein kurzer Ausblick lässt die Sorgenfalten nicht verschwinden: Die Studie berichtet, dass künftig der Personalbedarf im Gesundheitswesen aufgrund demografischer und epidemiologischer Veränderungen stark ansteigen werde. Zudem verschärfe sich der medizinische Personalengpass durch den Fachkräftemangel in anderen Disziplinen, auf welche der medizinische Bereich ebenfalls angewiesen sei – eine Negativspirale also.

 

Gründe für den Mangel

  • Die Personalfluktuationen nach den sehr anstrengenden Pandemiejahren konnten nicht aufgefangen werden. Unregelmässige und lange Arbeitszeiten, einen lange Ausbildungszeit, steigende Bevölkerungszahlen und die daraus resultierende Überalterung der Gesellschaft, Mehrfacherkrankungen sowie steigende Betreuungs- und Pflegenachfrage machen es fast unmöglich, das gewohnte Angebot und die hohe Qualität aufrechtzuerhalten. 
     
  • In der Schweiz unterliegt das Studium der Humanmedizin strengen Zulassungsbedingungen: Nicht alle mit Matura haben Zugang zu diesem Studium. In der Schweiz werden wenig Medizinerinnen und Mediziner ausgebildet. Ob die Nachfrage in naher Zukunft gedeckt werden kann, ist fraglich. 
     
  • Der Gesundheitssektor in der Schweiz ist daher stark von ausländischem Pflegepersonal, Medizinerinnen und Medizinern abhängig. Was, wenn die Zuwanderung stagniert? Genau, der Mangel an gut ausgebildeten Personen spitzt sich zu. 
     
  • Daneben ist die Ausbildung in der Grundversorgung weniger lukrativ als in anderen Fachbereichen. Es fehlen Motivationsanreize, um als Hausarzt oder Kinderärztin zu arbeiten. 
     
  • Die eh schon sehr langen Tage werden um zahlreiche administrative Arbeiten und zeitraubende Prozesse verlängert, eine Entlastung ist nicht in Sicht. Teilzeitarbeit und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden zu einer Herkulesaufgabe. Es fehlen zeitgemässe Arbeitszeitmodelle. Daher haben viele Ärztinnen und Ärzte ihren Kittel an den Nagel gehängt und sich umorientiert.
     

Folgen für die Bevölkerung

Der Personalnotstand und der Ärztemangel wirken sich negativ auf die medizinische Versorgung und derer Qualität in der Schweiz aus: 

  • Die Praxisdichte auf dem Land nimmt ab, die ländliche Bevölkerung muss ins nächste Spital ausweichen. 
     
  • Notfallstationen in den Spitälern sind überlastet: Lange Wartezeiten sind unumgänglich. 
     
  • Bettenknappheit und persönliche Gesundheitskosten steigen, wenn eigentlich nicht-stationäre Patienten plötzlich im Spital bleiben müssen, weil keine ärztliche Nachsorge in der Region zur Verfügung steht. 
     
  • Auswahl bei Kinder- und Frauenärzten ist kaum vorhanden, ein Wechsel fast unmöglich, da viele Praxen keine neuen Patientinnen und Patienten mehr aufnehmen. Auch viele Fachärztinnen und Fachärzte sind überlastet und nehmen keine neuen Patientinnen und Patienten mehr auf. 
     
  • Patientinnen und Patienten müssen oft früher aus dem Spital entlassen werden aufgrund der Betten- und Ressourcenknappheit.
     

Handlungsbedarf an jeder Ecke

Alle im Gesundheitssektor, die Kantone und der Bundesrat sind gefordert, um Massnahmen zu ergreifen, die einen drohenden Kollaps des Gesundheitswesens abwenden können. 

Die bundesrätliche Strategie setzt auf drei Punkte in der Bekämpfung des Ärztemangels: 

  • Mehr Ärztinnen und Ärzte müssen aus- und bedarfsgerecht weitergebildet werden. 
     
  • Ärztliche Ressourcen sollen bedarfsgerecht eingesetzt werden. 
     
  • Die Kantone erhalten 100 Mio Franken, damit sie die Aus- und Weiterbildung unterstützen. 

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Der Verband der Ober- und Assistenzärztinnen und -ärzte (vsao-asmac) verlangt nach genügend Personal und fairen Rahmenbedingungen. Sofortmassnahmen sieht er in der Involvierung der Mitarbeitenden und der Implementierung einer Feedbackkultur, in Inanspruchnahme der kostenlosen Dienstplanberatung sowie in der Entlastung der Ärztinnen und Ärzte bei den bürokratischen Arbeiten. 

Die Bestrebungen von Politik und Management von Kliniken müssen darauf zielen, die medizinischen Leistungen auf die Patientenbedürfnisse und die zur Verfügung stehenden Kompetenzen auszurichten. Die Zahl der Ausbildungsplätze sowie jene der Ausbildnerinnen und Ausbildner müssen erhöht werden. Und die Arbeitsbedingungen müssen zwingend angepasst werden. Zudem ist es nötig, Anreize zu schaffen in der Allgemeinmedizin, damit Medizinerinnen und Mediziner auch in den Disziplinen der Grundversorgung praktizieren wollen.

    Ausblick – was können wir alle tun? 

    Die Situation im Gesundheitswesen fordert alle Beteiligten. Die Politik sowie das Management von Spitälern stehen genauso unter Handlungsdruck wie die Krankenkassen. Schmalere Reserven sowie steigende Gesundheitskosten machen eine erneute Prämienerhöhung im Herbst unabdingbar.

    Es fragt sich, was jede und jeder Einzelne tun kann, um das System zu entlasten. Die persönliche Gesundheitsförderung und -fürsorge müssen wir in der Gesellschaft verankern und leben. Denn wer bewusst seine Gesundheit aktiv fördert, schont das Gesundheitssystem. Wir müssen neue Wege erschliessen und die Digitalisierung in der medizinischen Beratung nutzen und die bürokratischen Wege kurz halten. 

    Digitalisierung ist daher auch das Schlüsselwort für Atupri. Unsere Kundinnen und Kunden können schnell und zuverlässig ihre Anliegen online abwickeln, die Möglichkeit von Telemedizin nutzen und den administrativen Aufwand klein halten. 

    Und wagen wir einen Blick in die Zukunft, werden sicherlich Künstliche Intelligenz, Robotik sowie andere Innovationen neue Therapieansätze definieren, die Diagnostik bestimmen und das Gesundheitswesen bereichern.
     

    Quellenverzeichnis

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