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Burnout
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Burnout vermeiden: Hören Sie auf Ihren Körper! 
 

Konflikte bei der Arbeit, ständige Erreichbarkeit, Zukunftsängste, Klimawandel: Je grösser der Stress ist, unter dem wir leiden, desto grösser die Gefahr für ein Burnout. Wie Sie sich schützen und warum Sie öfters nett zu sich selber sein sollten, erfahren Sie hier.
 

  • Ein Burnout kann weitere Krankheiten auslösen.
     
  • Für ein Burnout gibt es klare Anzeichen.
     
  • 10 + 1 Tipps helfen, den Stress zu mindern.
     

Marlen Reusser (32) zählte zu den Favoritinnen bei der diesjährigen Rad-WM. Doch nach der ersten Zwischenzeit stieg die Berner Profisportlerin überraschend vom Velo – und aus dem Wettkampf aus. Später sagte sie: «Im Rennen habe ich gemerkt, ich bin nicht ready.» Reusser war ausgelaugt, mental erschöpft. Und sie ist längst nicht die einzige. 

Auch Profi-Turnerin Simone Biles (26) tat an den letzten Olympischen Spielen das schier Unvorstellbare: Trotz sechs Final-Qualifikationen trat die US-Amerikanerin vom laufenden Wettkampf zurück. Nicht wegen körperlicher Probleme, sondern weil ihre Psyche nicht mehr mitmachte. 

Simone Biles hatte ein Burnout – und ging ganz offen damit um.

Das Echo war gewaltig: Plötzlich begannen Menschen auf der ganzen Welt über ihre mentale Gesundheit zu sprechen. Dabei ist das Phänomen «Burnout» längst kein neues – und schon gar keines, das nur bei Spitzensportlerinnen und Künstlern auftritt: Menschen aus allen Bevölkerungsschichten sind betroffen. Alleine im letzten Jahr kosteten stressbedingte Arbeitsausfälle die Schweizer Wirtschaft rund 6,5 Milliarden Franken. Dazu kommen Folge- und Heilungskosten in Milliardenhöhe.

Das Schweigen brechen
 

Beim letztjährigen Job-Stress-Index der Gesundheitsförderung Schweiz überschritt der Anteil der Erwerbstätigen, die sich emotional erschöpft fühlten, erstmals die Dreissig-Prozent-Marke. Und zur hohen Arbeitsbelastung kommen weitere Stressfaktoren: wie Zukunftsängste wegen steigender Lebenskosten oder der Klimakrise. Das Gefühl der Überforderung durch den nicht enden wollenden Informationsfluss, den Druck, ständig online zu sein und die Flut an Mails und Benachrichtigungen. 

Trotzdem galten Themen wie Burnout lange als Tabu. Auch jetzt noch sind es meist jüngere Menschen, die offen darüber sprechen. Nicht selten ernten sie dafür Kritik von älteren Generationen. Dabei hilft der Tabubruch allen: Erst wenn ein Problem nicht mehr totgeschwiegen wird, sind Behandlung und Vorsorge möglich.

Was ist ein Burnout?
 

Wer in ein Burnout gerät, empfindet eine totale körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung. Oft fühlen Betroffene sich leer und ausgelaugt. Gleichzeitig haben sie das Gefühl, nicht abschalten zu können und leiden unter einem konstanten Gefühl der Überforderung. 

Häufig wird ein Burnout auch als Zusatzdiagnose zu einer Depression gestellt. Ein Burnout alleine ist medizinisch gesehen aber keine Krankheit, sondern ein Syndrom. Das heisst aber nicht, dass ein Burnout “nichts Ernstes” wäre. Das Leiden der Betroffenen ist real, im Alltag sie oft nur noch eingeschränkt handlungsfähig und der Dauerstress, mit dem sie konfrontiert sind, kann weitere ernsthafte Erkrankungen nach sich ziehen, wie etwa: 

 

  • Herz-Kreislauf-Erkrankung
     
  • Nierenerkrankung (Diabetes)
     
  • Magen-Darm-Erkrankungen
     
  • Angststörungen
     

Betont werden sollte auch, was ein Burnout NICHT ist: Etwa die Folge von Schwäche, fehlender Selbstorganisation oder mangelnder Disziplin, die Betroffenen oft unterstellt wird. Im Gegenteil: Viele Betroffene sind engagiert, hilfsbereit und stresserprobt. Gerne wird auch behauptet, Burnout sei eine «Mode-» und «Manager-Krankheit». Dabei wurde das Phänomen erstmals in den 1960er-Jahren in den USA beobachtet – und zwar bei Bewährungshelfern und Pflegerinnen. Auch die neuesten Studien in der Schweiz belegen: Je tiefer das Einkommen, um so höher die Burnout-Gefahr.

Ursachen für ein Burnout
 

Genau wie die Symptome für ein Burnout, sind auch dessen Ursachen vielschichtig. In der Regel wird ein Burnout mit Dauerstress im Job in Verbindung gebracht, wobei mittlerweile auch die unbezahlte Arbeit berücksichtigt wird: Kindererziehung, Hausarbeit oder die Pflege von Angehörigen.

Dabei ist Stress nicht grundsätzlich schlecht – kommt er punktuell vor, kann er uns beflügeln und dabei helfen, Herausforderungen zu meistern. Sei es bei einem Vorstellungsgespräch, bei einer wichtigen Prüfung oder bei einem Marathonlauf. 

Das Problem fängt dort an, wo Stress zum permanenten Zustand wird. Wer von einer Sitzung zur nächsten hetzt, noch vor dem Einschlafen im Bett die letzten Mails beantwortet, zwischendurch für die ganze Familie sorgen muss und im Alltag keinen Ausgleich mehr hat – etwa durch Hobbys, Familie und soziale Kontakte –, läuft Gefahr, in ein Burnout zu schlittern. 
 

Arbeitsbedingte Faktoren:
 

  • Überforderung: Hohe Arbeitsbelastung, zu viele Aufgaben und Verantwortlichkeiten
     
  • Fehlende Unterstützung: durch Vorgesetzte, Kollegen oder das soziale Umfeld
     
  • Mangelnde Anerkennung: Fehlende Wertschätzung für die geleistete Arbeit
     
  • Schwelende Konflikte: Unstimmigkeiten, Mobbing, schlechtes Betriebsklima
     
  • Unklare Anforderungen: Aufgaben und Erwartungen sind nicht klar definiert
     
  • Fehlende Einflussnahme: Fehlender Gestaltungsspielraum in Bezug auf die eigene Tätigkeit
     
  • Fehlende Vereinbarkeit: Mehrfachbelastung durch Beruf und Familie


Persönlichkeitsbezogene Faktoren:
 

  • Perfektionismus: Hohe Ansprüche an sich selbst, starkes Bedürfnis nach Kontrolle
     
  • Fehlende Selbstfürsorge: Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse, fehlende Pausen und Erholungsphasen
     
  • Hohe Leistungsbereitschaft: Einspringen für Kolleginnen und Kollegen, alle Aufgaben erledigen wollen
     
  • Harmoniebedürfnis: Schwierigkeiten im Umgang mit Konfliktsituationen
     

 

 

Testen Sie Ihr Stresslevel

Mit unserem Atupri Stressprofil-Test finden Sie heraus, wie hoch Ihr aktuelles Stresslevel ist. Dazu erhalten Sie Tipps, wie Sie Stress im Alltag mindern können: https://www.atupri.ch/de/gesund-leben/stressprofil-test 

 

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Nehmen Sie Warnzeichen ernst!
 

Ein Burnout tritt nicht plötzlich auf, sondern entwickelt sich über längere Zeit. Der Psychotherapeut Herbert Freudenberger hat ein 12-Phasen-Modell entwickelt, das unterschiedliche Stufen eines Burnouts umfasst. Zu den Warnzeichen gehört es, Dauerstress im Job als normal anzusehen und seine persönlichen, sozialen und körperlichen Bedürfnisse hinten anzustellen. 

Auf folgende Anzeichen sollten Sie achten: 

Psychische Anzeichen: 
 

  • Das Gefühl von Gleichgültigkeit, Sinnlosigkeit oder Langeweile
     
  • Wachsender Widerwille gegenüber der Arbeit
     
  • Vernachlässigung von sozialen Kontakten und Hobbys
     
  • Ignorieren von körperlichen Bedürfnissen (genug Schlaf, regelmässige Mahlzeiten)
     
  • Häufige Konzentrationsschwierigkeiten
     
  • Die Gedanken kreisen, besonders nachts
     
  • Vermehrte Stimmungsschwankungen und Reizbarkeit

 

Körperliche Anzeichen: 
 

  • Schlafstörungen
     
  • Müdigkeit
     
  • Kopfschmerzen
     
  • Magen-Darm-Beschwerden
     
  • Schwindel
     
  • Muskelverspannungen
     
  • Engegefühl in der Brust

Stress reduzieren – aber wie?
 

Fühlen Sie sich, als würden Sie ständig unter Strom stehen? Dann sollten Sie die Notbremse ziehen. Das ist einfacher gesagt, als getan – gerade für Menschen, die sehr engagiert sind und niemanden im Stich lassen möchten. Doch wer in ein Burnout schlittert und deswegen längerfristig ausfällt, tut den Arbeitskolleginnen oder der Familie erst recht keinen Gefallen. Also: Geben Sie Aufgaben ab – andere können diese genauso gut erledigen wie Sie. 


10 + 1 Tipps für mehr Ausgleich:

  1. Prioritäten setzen: Konzentrieren Sie sich nur auf die wichtigsten Aufgaben und lernen Sie, zu delegieren.
     
  2. Zeitfresser erkennen: Reduzieren Sie unnötige Sitzungen und setzen Sie feste Zeitrahmen, um zu verhindern, dass Meetings unnötig lange dauern.
     
  3. Multitasking vermeiden: Das Hin- und Herspringen zwischen mehreren Aufgaben löst nicht nur Stress aus – es kostet auch unnötig viel Zeit und Energie, weil sich das Gehirn immer wieder neu einfinden muss. 
     
  4. Grenzen setzen: Lernen Sie, "Nein" zu sagen – auch sich selbst gegenüber. Ziehen Sie Grenzen und respektieren Sie diese. 
     
  5. Handeln statt leiden: Vielleicht haben Sie das Gefühl, nichts an Ihrer Situation ändern zu können. Das stimmt nicht! Sie haben es in der Hand, wie Sie mit den Gegebenheiten umgehen möchten. 
     
  6. Unterstützung holen: Sprechen Sie über Ihre Situation mit einer Freundin, einem Arbeitskollegen, der Chefin oder einer anderen Person. Trauen Sie sich! Die Reaktion fällt oft besser aus, als man vorher befürchtet hatte. 
     
  7. Smartphone entrümpeln: Schalten Sie am Feierabend alle Mail- und anderen arbeitsbedingten Benachrichtigungen aus. Noch radikaler und erholsamer ist es, gleich alle Meldungen stummzuschalten – von Instagram & Co. bis zur Nachrichtenseite – oder die Apps sogar ganz vom Smartphone zu löschen. 
     
  8. Ausgleich schaffen: Trennen Sie Arbeit und Freizeit klar voneinander! Finden Sie Aktivitäten, die Ihnen Freude machen, wie zum Beispiel Sport, Basteln, Zeit in der Natur,  Treffen mit Freundinnen und Freunden. 
     
  9. Gesund leben: Achten Sie auf genügend Schlaf, regelmässige und ausgewogene Ernährung und körperliche Bewegung.
     
  10. Selbstfürsorge praktizieren: Nehmen Sie sich bewusst Zeit für sich selbst, um sich zu entspannen, zu verwöhnen und Ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Probieren Sie es auch mal mit Meditation, Yoga oder Atemübungen.
     
  11. Seien Sie nett zu sich selbst! Unsere grösste Kritikerin, unser grösste Kritiker, sind oft wir selbst. Erlauben Sie sich, eine Arbeit abzuschliessen, ohne sie "perfekt" zu finden (in den meisten Fällen sind 80 Prozent absolut ausreichend). Rufen Sie sich an alles Gute in Erinnerung, was Sie schon in Ihrem Leben erreicht haben und machen Sie sich ab und zu selbst ein Kompliment. So lernen Sie, zu sehen, dass Sie “gut” und “genug” sind. 
     

Weitere Tipps & Tricks zum Thema Stressabbau und Stressprävention finden Sie auch auf der Plattform https://stressnostress.ch, einer Seite des Berufsverbands der Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP). 

So wird ein Burnout behandelt
 

Ist ein Burnout eingetreten, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Oft empfiehlt sich eine psychologische Behandlung, wie etwa eine kognitive Verhaltenstherapie. Dort lernen Betroffene einen veränderten Umgang mit Stress. Zum Beispiel, indem Sie Techniken zum Stressmanagement kennen lernen, sich im Alltag ausreichende Erholungszeiten schaffen und sich mit Ihren eigenen Zielen auseinandersetzen.

Bei einem Burnout erfolgt in der Regel eine sofortige Krankschreibung. Eine Auszeit von der Arbeit kann relativ schnell eine erste Linderung der Beschwerden bringen. Nicht immer aber ist eine komplette Krankschreibung über den ganzen Genesungsprozess hinweg nötig. Manche Betroffene können relativ bald und schrittweise wieder in den Job zurückkehren, andere nicht. Das hängt von den persönlichen Ressourcen ab, aber auch von den Anforderungen bei der Arbeit. 

Eine stationäre Behandlung in einer Klinik und allenfalls eine kurzfristige Einnahme von Medikamenten ist nur bei schweren Fällen nötig. 

Quellen: Pro Mente Sana, Gesundheitsförderung Schweiz, gfs.bern, onmeda.de, aok.de, asu-arbeitsmedizin.com, Informationsportal Neurologen und Psychiater im Netz
 

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