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Zyklus
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Zyklus und Sport – Teil 1

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In der Regel bringt’s Sport

Wird im Sport über die Beziehung zwischen Hormonhausalt und Leistungsfähigkeit gesprochen, stehen meistens männliche Botenstoffe wie anabole Steroide im Zentrum. Allerdings müsste den weiblichen Hormonen mindestens so viel Beachtung geschenkt werden. Schliesslich sind es die Frauen, die Monat für Monat dem selben hormonellen Zyklen ausgesetzt sind, der sich auf den gesamten Körper und dessen Funktionen auswirkt.

Zugegeben, als Mann über den Hormonzyklus von Frauen zu schreiben, ist auf den ersten Blick vielleicht etwas speziell. Als Personal Trainer gewinnt das Thema allerdings deutlich an Relevanz. Unser Job ist es, individuell abgestimmte Trainings zu erstellen. Das heisst, alles was die Leistung beeinflusst, wird mit einbezogen. Und da gehört der immer wiederkehrende Auf- und Abbau von Östrogen und Progesteron dazu. Das bestätigt die Erfahrung im Umgang mit Kundinnen und wird untermauert durch Ergebnisse aus wissenschaftlichen Studien.

Periodisierung im wahrsten Sinne des Wortes

Ein Training von Athleten wird in verschiedene Phasen unterteilt, um die Belastungen richtig aufeinander abzustimmen. Diese Planung von Trainingszyklen nennt man Periodisierung und hat zum Ziel, Formtiefs sowie Überbelastungen zu vermeiden. Wie wohl aber jeder weiss, sind auch bei der besten Planung Leistungsschwankungen möglich. Zwar bekannt aber stiefmütterlich behandelt, wird das Thema von Leistungsschwankungen aufgrund des monatlichen Zyklus. Über die quasi vorprogrammierten schwierigen Tage gibt es neben den ungeliebten Begleiterscheinungen zum Glück auch positive Berichte: Wer das Training einigermassen auf die verschiedenen Phasen innerhalb eines Zyklus abstimmt, kann von positiven Wirkungen profitieren (Wikström-Frisén, 2016).

In der Regel zu Beginn eine kurze Flaute

Die Menstruation ist ein komplexer Vorgang, der mit einem sensiblen Spiel der Hormone für die Fruchtbarkeit der Frau sorgt. Am ersten Tag des Zyklus sind die Hormone Progesteron und Östradiol besonders niedrig und die Blutung setzt ein. Was hier und einige Tage zuvor passiert, nimmt jede Frau anders wahr. Für die einen beginnt das ultimative Formtief mit Nebenerscheinungen wie z.B. starke Unterleibsbeschwerden, Kopfschmerzen, allgemeines Unwohlsein und Stimmungsschwankungen. Für die anderen sind die ersten Tage nur halb so wild oder sie fühlen sich sogar fitter.

Auch wenn für einige Sport während den ersten Tagen der Periode kaum vorstellbar ist, raten die meisten Fachleute davon ab, sich auf der Couch mit Wärmeflasche und Tee zu ergeben. Vielmehr raten sie zur Linderung von Beschwerden aktiv zu werden.

Zyklus als Trainingsbooster

Wissenschaftler der Umeå University haben in einer Studie nicht nur herausgefunden, dass Aktivität gegen Beschwerden helfen kann. Sie haben auch überdurchschnittlich positive Trainingseffekte festgestellt, wenn Frauen in den ersten beiden Wochen ihres Menstruationszyklus (ein Zyklus beginnt mit dem ersten Tag der Periode) Sport treiben. Die Ergebnisse einer Untersuchung mit 59 Athletinnen zeigen, dass die Oberschenkelmuskulatur deutlich stärker wurde bei der Gruppe von Frauen, die in den ersten zwei Wochen intensiv trainierte. Die Gruppe, welche erst in der zweiten Woche ein intensives Training in Angriff nahm, profitierte nicht von den selben Effekten. Selbst die Ergebnisse der Kontrollgruppe, die während dem ganzen Zyklus gleich trainierte, konnte mit denen der ersten Gruppe nicht mithalten. Kraft, Schnelligkeit und Sprungkraft verbesserten sich zwar auch, allerdings in geringerem Ausmass (Wikström-Frisén, 2016).

Hinter diesem Effekt steckt die Tatsache, dass gleich nach der Regelblutung das Östrogenniveau steil ansteigt, weil sich der Körper für den nächsten Eisprung bereitmacht. Gegen Ende der Follikelphase, in der der Körper vom ersten bis zehnten Zyklustag ein neues «Nest» für die kommenden Eizellen produziert, fühlen sich gemäss Befragungen viele Athletinnen am fittesten. Für diese Aufbauarbeit stellt der Körper reichlich Östradiol zur Verfügung. Dieses Hormon sorgt in den Muskeln für einen Extraschub an Energie, was sich gerade beim Krafttraining, aber auch bei der Ausdauer positiv bemerkbar macht (Lebrun, 1995; Sabey et al. 2015).

Empfehlung:

Sei zu Beginn des Zyklus aktiv, um Beschwerden zu lindern und schraube die Intensität der Bewegung in der zweiten Zykluswoche hoch, da sie hormonelle Vorteile bietet.

Wie Bewegung die Schmerzen lindert und was in der zweiten Zyklushälfte passiert, gibt es im zweiten Teil zu lesen.

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