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Liebeskummer: Was hilft bei Trennungsschmerz?

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3 Min.

«Liebeskummer lohnt sich nicht, mein Darling» klang es in einem alten Lied. Trotzdem: Wer hat das nicht schon erlebt? Wie wird man mit Liebeskummer fertig?

Unterschied zwischen Verliebtheit und Liebe

Unterscheiden wir zuerst einmal den Kummer, den wir nach einer Trennung in einer Verliebtheitsphase erleben, von dem nach einer längeren Partnerschaft.

Verliebt sind wir in den ersten Monaten einer neuen Beziehung. Wir sehen den Partner oder die Partnerin mit meist rosaroten Brillengläsern. Wir bewundern, idealisieren alles an ihm oder ihr, spüren Schmetterlinge im Bauch, können fast an nichts mehr anderes denken. Eigentlich geht es uns dabei wie einem Menschen unter Drogeneinfluss. Ist die «Droge» weg, zeigen sich Entzugssymptome. Wir leiden. In dieser Phase ist unser Gehirn von einem Hormoncocktail eingelullt, der das Herz in Anwesenheit der oder des Angebeteten höher schlagen lässt.

Dieser Hormoncocktail schwächt sich nach einigen Monaten ab (einige Studien sprechen von 6 – 12 Monaten). Die Verliebtheit verschwindet. Wir beginnen, auch die schwierigeren Seiten des Partners zu sehen. Die Brille auf der Nase wird langsam klarer. Wir sehen den Partner realistischer. Im günstigen Fall führt das zur nächsten Phase, die wir Liebe nennen können.

Nach der Verliebtheitsphase lernen die Partner die Andersartigkeit aneinander zu akzeptieren. Daraus entstehende Konflikte können konstruktiv bewältigt werden. Wir erkennen, dass der Partner einem nicht in allen Bereichen das bieten kann, was man sich wünscht (Erotik, Partnerschaft, Freundschaft). Dennoch bleibt genug Wertschätzung für den anderen übrig um zu bleiben. Man beginnt, den Alltag miteinander zu leben und zu schätzen.

Im ungünstigen Fall kommt es in dieser Umbruchphase zwischen Verliebtheit und Liebe zur Trennung, weil wir die Unterschiedlichkeit zum anderen nicht akzeptieren können oder wollen.


Unterschiedliche Bewältigungsstrategien

Da sich der Verlust eines Partners in einer Verliebtheitsphase wie ein Entzug anfühlt, empfehlen sich auch entsprechende Strategien: Vermeiden Sie den Kontakt mit Ihrer «Droge» (Fotos des Partners immer wieder anschauen, an Vergangenheit hängen und grübeln, Ex-Partner immer wieder treffen etc.). Das würde nur alte Wunden immer wieder neu aufreissen. Seien Sie sich bewusst, dass Sie eine Phase des Entzugs durchstehen müssen, bis es besser wird. In dieser Zeit kann es helfen, dass Sie einem geregelten Tagesablauf nachgehen und nicht zu viele «Leerzeiten» zum Grübeln offen lassen. Stürzen Sie sich aber auch nicht in einen Aktivismus bis zur Erschöpfung.

Nach einer Trennung von einem Partner oder Partnerin, mit der man längere Zeit zusammen gelebt hat, ist eine Trauerphase unvermeidlich. Wie lange diese Phase dauert, ist individuell unterschiedlich. Der Volksmund spricht von einer Daumenregel: Die Trauerverarbeitung dauert ungefähr die Hälfte der Beziehungsdauer. Nach längeren Beziehungen dauert es aber in der Regel mindestens ein Jahr, bis alle sensiblen Daten (Geburtstag, Weihnachten, Hochzeitstag etc.) und Orte (des ersten Treffens, des Lieblingsrestaurants etc.) mindestens einmal ohne den Partner wieder erlebt wurden. Geben Sie Ihrer Trauer genug Raum. Trauern Sie auf Ihre eigene Weise, aber schliessen Sie auch einmal damit ab. Hängen Sie nicht nur zuhause rum. Bleiben oder werden Sie wieder sozial aktiv. Was beim Verliebten vielleicht der «Entzug», ist beim Verlust eines langjährigen Partners vielleicht eine Entwöhnung. Es geht darum, wieder ein eigenes Leben ohne den Partner aufzubauen, den Alltag wieder ohne Ex-Partner zurück zu erobern.


Gemeinsame Bewältigungsstrategien

Wollen wir die Bewältigung einer Trennung sowohl nach einer Verliebtheitsphase wie nach einer längeren Beziehung auf gemeinsame Strategien zusammenfassen, so könnten es vielleicht die folgenden sein (siehe auch Artikel «Bewältigung von Lebenskrisen»):

  1. Machen Sie sich bewusst, dass eine Phase der Trauer oder des «Entzugs» normal ist. Eine gewisse Zeit des Leidens ist unvermeidbar. Sie ist der Ausdruck davon, dass einem der verlorene Partner wichtig war.
     
  2. Gehen Sie einem normalen, geregelten Tagesablauf nach. Wenn Sie aus den vergangenen Erfahrungen etwas lernen möchten, tun Sie das. Aber brüten Sie nicht stunden- oder tagelang in Ihren vier Wänden über die verlorene Beziehung nach.
     
  3. Bleiben Sie sozial aktiv. Sprechen Sie mit anderen über Ihre Trennung, aber reden Sie auch über andere Themen, die nichts mit der Trennung zu tun haben.
     
  4. Gerade wenn es Ihnen schlecht geht, unternehmen Sie Dinge, die Ihnen gut tun. Sorgen Sie für sich. Tun Sie sich Gutes (Selbstfürsorge).
     
  5. Nach einer Trauerphase erobern Sie Ihren Alltag wieder zurück. Gehen Sie absichtlich wieder an die Orte, zu denen Sie gehen wollen, um Ihre Bewegungsfreiheit wieder zu erlangen, auch wenn es am Anfang oder beim ersten Mal noch etwas schmerzhaft ist.

Literaturempfehlung: Doris Wolf: Wenn der Partner geht. Trennungsschmerz und Liebeskummer bewältigen (PAL Verlag)

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Julien Haas, 15.05.2022, 00:16 Uhr
Guten Tag Wollte einfach kurz ein Kompliment aussprechen, dass ihr solch wichtige Themen beachtet. Ein grosses Dankeschön! Freundliche Grüsse Julien Haas