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Rundwanderung auf geschichtsträchtigen Pfaden entlang der Grenze zwischen der Schweiz und Frankreich.


«Far West»

Die Lage des 1700-Seelen-Dorfs Chancy hat der westlichsten Gemeinde der Schweiz den Spitznamen «Far West» eingebracht.Einst führte eine wichtige Handelsroute von Genf nach Lyon durch das Gebiet. Jahrhunderte später verband gar ein Tram Chancy mit der Genfer Innenstadt. Heute sind sowohl die Römer, das Tram und der Zug aus dem Dorf verschwunden und selbst das Grenzhäuschen scheint seit dem Beitritt der Schweiz zum Schengenraum verlassen.

 

Alles kein Grund, der Gegend keinen Besuch abzustatten. Im Gegenteil – der westlichste Zipfel der Schweiz birgt allerhand kulturhistorische und landschaftliche Schätze. Je nach Jahreszeit zieht Chancy Ornithologen ans Ufer der Rhone, Pilzsammlerinnen in die verwunschenen Eichenwälder oder geschichtsinteressierte Ausflügler an.

Route 102

Die Wanderung beginnt an der Bushaltestelle «Chancy, village» gleich gegenüber dem ehemaligen Rathaus, das heute die Bibliothek beherbergt. Schilder weisen den Weg zur Wanderwegroute 102, welche in diesem Wandertipp beschrieben wird. 10 Minuten wird der Hauptstrasse entlang in südlicher Richtung gefolgt, bevor der Weg kurz vor dem Zollhäuschen unter der Brücke hindurch ans Rhoneufer führt. Diesem wird fortan flussabwärts gefolgt. Zwischenzeitlich zwingt der kleine Zufluss Le Longet die Wandernden zu einem kleinen Umweg. Oben an der Strasse steht eine neue Infotafel des Naturreservats. Ein paar Minuten führt die Route über die asphaltierte Strasse. Doch bald ist das auenartige Rhoneufer wieder erreicht.

Kleine und grosse Vögel

Der schmale Pfad schlängelt sich durch das Wasser- und Zugvogelreservat von internationaler Bedeutung. Mit etwas Glück lassen sich hier Eisvögel oder gar die stark gefährdeten Flussuferläufer beobachten. Nicht selten zeigen sich am Himmel auch grosse, metallene Vögel. Die Nähe zum Genfer Flughafen ist unüberhörbar.

 

Beim unscheinbaren Grenzstein Nr. 1.5 ist der westlichste Punkt der Schweiz erreicht. Hier verlässt der Weg die Rhone im rechten Winkel und verläuft beinahe schnurgerade der Grenze entlang zum weitaus spektakuläreren Grenzstein Nr. 1. Im Stein eingemeisselt sind die Zahl 1, das Wappen von Genf, jenes des Königreichs Sardinien-Piemont und die Jahrzahl 1816.

Naturreservat und historische Verkehrswege

Der Weg bleibt geschichtsträchtig. Mitten durch den Eichen-Buchen-Wald führt ein denkmalgeschützter Hohlweg zum Grenzpunkt Les Plantons. Wenig später geht es bergab ins oben erwähnte Naturreservat. Eine neue Hängebrücke führt in der Talsohle über den Fluss Longet. Der steile Gegenanstieg bringt die Fussgänger zurück in die Zivilisation, wo unverhofft die Hauptstrasse gekreuzt wird. Zurück im Wald, schlängelt sich der Weg der Landesgrenze entlang. Ein weiterer Zufluss der Rhone, die Laire, wird überquert. Nun führt die Route 102 über historische Verkehrswege. Entlang Rebbergen, Ackerflächen und durch alte Eichenalleen wird der Weiler Champlong erreicht. Auf dem Hügel thront das Château de Champlong. Vereinzelte Bauteile stammen von der ursprünglich 1419 errichteten Festung.

Zurück in der Gegenwart

Unweit davon stehen zwischen den Landwirtschaftsbetrieben Mehrfamilienhäuser neueren Datums. Der Weg führt runter zur Hauptstrasse und schliesslich entlang der Rhone zurück nach Chancy. Spätestens das Durchqueren des Abstellplatzes für Wohnwagen und Camper bringt die Naturliebhabenden und Geschichtsinteressierten wieder auf dem Boden der Realität bzw. der Gegenwart zurück. «Promenade pedèstre tolerée» prangt unübersehbar auf einem grossen Hinweisschild – Spaziergänger toleriert. Wenige Schritte nach den Lagerhallen ist der Ausgangspunkt, die Bushaltestelle, erreicht und die Reise in die Vergangenheit beendet.

Karte Chancy

 CHANCY – VERS VEAUX – BOIS DE CHANCY – CHAMPLONG – CHANCY

 

Start Chancy
Ziel Chancy
Charakteristik Einfache Rundwanderung auf historischen Pfaden.

Anreise

Mit dem Bus bis Chancy, village
Rückreise Mit dem Bus ab Chancy, village
Route Chancy 358 m ü.M. – Longet 336 m ü.M. – Vers Veaux 339 m ü.M. – Les Plantons 415 m ü.M. – Champlong 417 m ü.M. – Le Moulin Roget 371 m ü.M. – Chancy 358 m ü.M.
Zeit ca. 3,5 Stunden
Schwierigkeit T1, durchgehend markiert, Route 102
Distanz 11 km
Höhendifferenz Aufstieg 265 Hm, Abstieg 265 Hm
Ausrüstung Normale Wanderausrüstung, Picknick
Verpflegungsmöglichkeiten Café Restaurant Le Virage gleich neben der Bushaltestelle, unweit davon Le P’tit Café neben der Schule und das Café de la Place im Dorfzentrum (Öffnungszeiten beachten). Unterwegs keine Einkehrmöglichkeiten.
Wanderkarten Wanderkarte 270T Genève 1:50’000 oder Landeskarte 1300 Chancy 1:25’000
Varianten

Die Wanderung kann nach gut 2 1/4 Stunden Marschzeit um 45 Minuten verkürzt werden. Dies, indem kurz nach der Querung des Flusses Laire (beim Schiessplatz) mittels der Passerelle Raclerets der direkte Weg nach Chancy eingeschlagen wird (ausgeschildert, 15 Minuten).

Eine weitere Abkürzungsmöglichkeit bietet sich 25 Minuten vor Schluss, indem der Bus in Richtung Genf bereits bei der Haltestelle «Chancy-Usine» bestiegen wird.

Info www.chancy.ch, www.geneverando.ch, www.geneve.com

 

Valérie Chételat

Fotografin und Wanderleiterin mit eidg. Fachausweis, leitet Wanderungen, Schneeschuhtouren und Trekkings im In- und Ausland.

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