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Der Dezember ist ein unzuverlässiger Wandermonat. Kalt, windig, regnerisch, sonnig oder es schneit schon. Hier eine Kurzwanderung, die bei jedem Wetter machbar ist. Und auf die Weihnachtszeit einstimmt.

 

Eigentlich ist die Weihnachtsgeschichte ja auch die Geschichte einer Wanderung. Denn der von Kaiser Augustus befohlenen Volkszählung wegen mussten sich Josef und die hochschwangere Maria nach Bethlehem, in den Geburtsort des Familienvaters, begeben. Auf dieser Wanderung, im Stall von Bethlehem, umgeben von Eseln, Ochsen und Schafen, kam dann das Christkind auf die Welt.

 

Zinsen zu den wîhen nachten

Nicht ganz so weit weg wie Bethlehem im Morgenland liegt Wienacht im Abendland, in der Schweiz. Um genau zu sein, heisst der Ortsteil Wienacht-Tobel und liegt eingebettet in den Hügeln des Appenzeller Vorderlandes und bietet eine grossartige Aussicht auf den Bodensee. Der Ortsname Wienacht leitet sich ab vom Althochdeutschen «zu den wîhen nachten», den heiligen Nächten, und weist auf den mittelalterlichen Zinstermin hin. Die Appenzeller Bahn bringt uns von Rorschach zur Bahnstation. Wir folgen dem Wegweiser Richtung Heiden, ein Stück der Strasse entlang bergab und biegen dann rechts in den Schwendiweg ein. Kurz über die Wiese, folgt der Wanderweg einer Hecke hinauf nach Schwendi. Beim Wegweiser Schwendi, 675 m, folgen wir dem Richtungspfeil, der 55 Minuten nach Heiden angibt. Im Rücken beglückt die Aussicht auf den Bodensee und linkerhand auf dem Hügel ragt bereits der hohe Kirchturm von Heiden über dem Dorf auf. Vorbei an zwei schönen, typischen Ausserrhoder-Häusern erreichen wir das Christhaus. Falls das Christkind hier wohnt, auf unserer Rekognoszierung war es nicht zu Hause und das Schindelhaus wird gerade renoviert.

 

Wo Samichlaus und Knecht Ruprecht wohnen

Es folgt ein herrlich schöner Wanderabschnitt durch den Mattenbachtobelwald. Vor dem Tobel braucht man sich wandertechnisch nicht zu fürchten, drei Brücken führen zwischen den Bäumen hindurch und über den Mattenbach. Hingegen kann man sich gut vorstellen, dass hier irgendwo hinter den Bäumen der Samichlaus und Knecht Ruprecht wohnen. Oder dass jeden Moment der fliegende Schlitten mit dem Weihnachtsmann und Rudolph dem Rentier die Schlucht hinuntergebrettert kommt. Beim Verlassen des Waldes steht das Haus Abendroth, hier hat der Komponist Heinrich von Herzogenberg das Weihnachtsoratorium «Die Geburt Christi» komponiert.

 

Im Biedermeierdorf

Bei der Kreuzung dem Panoramaweg folgen und die Aussicht auf Wienacht und den Bodensee geniessen. Beim gelben Haus wieder rechts und dann der Strasse entlang zum Dorfkern von Heiden. Ein Schelm, wer jetzt an die Heiden im religiösen Sinne denkt, der Ortsname Heiden stammt vom Gattungswort «Heide« ab und bedeutet «weites, offenes Feld». Auf dem Dunant-Platz erklärt eine Panoramatafel die grandiose Aussicht über den Bodensee von Friedrichshafen/D über den Flugplatz Altenrhein/CH bis nach Bregenz/Ö.

Heiden bezeichnet sich stolz als Biedermeierdorf und die Häädlerinnen und Häädler sind stolz auf ihre Geschichte als Molken- und Luftkurort. Es lohnt sich, im Dorf herumzustreifen, die 157 Treppenstufen in den Kirchturm hinaufzusteigen oder das Henry-Dunant-Museum zu besuchen. In Heiden können Genuss- und Kurzwandernde Kaffee trinken, lädele und bei der Bahnstation in die Appenzeller Bahn einsteigen. Wer noch eine Stunde mehr zur Verfügung hat, wandert den Wegweisern folgend an der Bahnstation vorbei Richtung Wienacht und dort zur Bahnstation. Der Wanderweg führt durch eine idyllische Bilderbuchlandschaft mit Appenzellerhöfen hinunter ins Mattenbachtobel und hoch zum Bahnhof Schwendi. Hier haben sich die Tiere aus dem Stall bei Bethlehem einquartiert. Links grasen die Esel und rechts weiden die Schafe. In diesem Sinne: frohe Weihnachten!

Karte Natur Kultur Familie Kondition Saison
50
Start Wienacht-Tobel, AR
Ziel Heiden, AR oder wieder Wienacht-Tobel

Anreise

mit öV oder mit PW bis Wienacht-Tobel
Rückreise

mit öV oder PW

Charakteristik

aussichtsreiche Feld-Wald-Hügel-Schlucht-Wanderung.

Route

Wienacht-Tobel, 615 m – Schwendi, 679 m – Christhus – Heiden, 793 m.

Zeit

ca. 1.50 h (ohne Pausen)

Distanz

4,5 Kilometer

Höhendifferenz

Aufstieg 420 Hm, Abstieg 420 Hm

Ausrüstung Wanderausrüstung, gute Schuhe, Feldstecher
Verpflegungsmöglichkeiten Gaststätten in Heiden
Wanderkarten 25’000 Nr. 1075 Rorschach
Geheimtipps Ein paar Kerzen, Christbaumkugeln, Dekomaterial sowie heissen Kaffee und Kuchen in den Rucksack packen. Nach der Brücke über den Mattenbach hat es eine Feuerstelle. Dort ein Tännchen dekorieren, geniessen und Freude haben.

 

Dominik Abt

Dominik Abt, Wanderleiter SBV, leitet Wanderungen und Trekkings in der Schweiz und weltweit.

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