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Chronische Schmerzen
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Wenn der Schmerz sich verselbständigt

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Chronische Schmerzen

Schmerzen, die länger als zwölf Wochen andauern, bezeichnet man als chronische Schmerzen. In der Schweiz leidet rund 16% der Bevölkerung an chronischen Schmerzen, und die jährlichen volkswirtschaftlichen Kosten werden auf 2,9 bis 5,8 Milliarden Franken geschätzt (1, 2)

Warum schmerzt es?

Da die Wundheilung nach 12 Wochen in der Regel abgeschlossen ist, stellt sich die Frage, warum bei den Betroffenen trotzdem immer noch Schmerzen hervorgerufen werden. Die Ursache ist im Gehirn zu finden: Durch den vorangegangen ständigen Schmerzreiz ist dieses sensibilisiert. Es produziert, ohne dass es Informationen aus dem Körper erhält, weiterhin Schmerzreize. Ähnlich wie bei Stress haben diese Patientinnen und Patienten einen erhöhten Adrenalin- und Cortisolspiegel. Der Schmerz kann zusätzlich durch verschiedene weitere Umstände verstärkt werden:

  • Katastrophisierung – «Das wird nie wieder gut!»
  • Schonhaltungen, also die Einnahme  von immer den gleichen Positionen, um Schmerzen zu vermeiden – mit der Folge, dass dadurch weitere Regionen in Mitleidenschaft gezogen werden;
  • Angst vor dem Schmerz.

Daher ist es wichtig, dass zunächst krankhafte Ursachen im Körper ausgeschlossen werden und anschliessend an der Schmerzbewältigung gearbeitet wird. Durch Aufklärung und Verständnis über die Schmerzmechanismen im akuten Zustand kann vermieden werden, dass ein chronischer Schmerzzustand entsteht. Studien zeigen, dass es für den Umgang mit Schmerzen massgebend ist, dass Patientinnen und Patienten diese verstehen und lernen, gezielt damit umzugehen. Der/die Patient/in muss verstehen, dass Gewebe (auch ein Bandscheibenvorfall) mit der Zeit heilt3, 4.

Therapie-Ansätze

In der Physiotherapie wird neben der Schmerzaufklärung an der Auflösung von Schonhaltungen, der Reduzierung der Angst vor Bewegung und der Verbesserung der Körperwahrnehmung gearbeitet. Standardisierte Tests und Fragebögen helfen dabei zu analysieren, welches der defizitäre Bereich des Betroffenen ist. Weitere Fachdisziplinen wie Schmerzpsychologie, Osteopathie, Massage, Traditionelle chinesische Medizin (Akupunktur), Schmerztherapie und weitere können zur Schmerzlinderung beitragen. Die Auswahl der Therapien können nach eigenen Erfahrungen zusammen mit dem Hausarzt getroffen werden; gerade bei längeren chronischen Verläufen ist allerdings zu empfehlen, eine multidisziplinäre Versorgung, also eine Behandlung von verschiedenen Experten, die das Problem aus ihren je eigenen Blickwinkeln analysieren, in Betracht zu ziehen.

Selber aktiv werden ist der Schlüssel

Wichtig ist, ein gutes Verständnis von seinem Krankheitsbild zu erhalten und selber aktiv an der eigenen Schmerzverarbeitung zu arbeiten. Auch Achtsamkeitstherapie und Meditation können helfen, die Wahrnehmung des Schmerzes im Körper aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Es gilt, selber herauszufinden, was einem gut tut, und selber aktiv zu werden.

 

Quellen:

1 Breivik, H., Collett, B., Ventafridda, V., Cohen, R., & Gallacher, D. (2006). Survey of chronic pain in Europe: Prevalence, impact on daily life, and treatment. European Journal of Pain, 10, 287-333.
2 Oggier W. (2007). Volkswirtschaftliche Kosten chronischer Schmerzen in der Schweiz – eine erste Annäherung. Schweizerische Ärztezeitung, 88, 1265-1269.
3 Luomajoki, H. (2007). Schmerzen verstehen. Physiopraxis, 2.
4 Pfeiffer, F., Luomajoki, H. (2015). The pain is in the brain. Pt_Zeitschrift für Physiotherapie. 67, 30-38.

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