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Gekommen, um zu bleiben

Digital Health
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Digital Health – Apps statt Arzt?

Chancen, Gefahren und Aussichten von Digital Health

Fragen Sie sich manchmal auch, wohin das noch führen mag? Digitale Patientendossiers, Roboter im Pflegeheim, Apps für fast alle Arten von Leiden, Telemedizin. Wir bewegen uns kontinuierlich in Richtung Digitalisierung im Gesundheitswesen.

Digital Health, eHealth, Health 2.0, Medizin 4.0, mHealth. Begriffe, die – zum Teil historisch gewachsen – eigentlich das gleiche Phänomen beschreiben, wenn man so will. Eine klare Definition wird hier schmerzlich vermisst, so die Studie der ZHAW zu «Digital Health – die Zukunft des Schweizer Gesundheitswesens».

Eine Auslegeordnung der Begriffe

Digital Health besteht wiederum aus 4 Begriffen. Trend Health beschreibt aktuelle Lifestyle-Trends, die zum Teil bereits auf dem Markt sind, aber auch meistens nur sekundäre medizinische Relevanz besitzen. Bei eHealth steht hingegen der medizinische Nutzen im Mittelpunkt: Patienten und Gesundheitspersonen können sich vernetzen und medizinische Daten miteinander austauschen, mit dem Ziel, die Prozesse in der medizinischen Versorgung zu vereinfachen.

Wie schon der Begriff TechHealth umschreibt, wird dieser Bereich von der Technologie bestimmt. Medizintechnische Produkte, welche miteinander kommunizieren, im Bereich der Spitzentechnologie, stehen im Fokus. Zuletzt ist mit DataHealth ein Bereich gemeint, der sich auf die Generierung und Auswertung von Gesundheitsdaten spezialisiert.

  • Trend Health = Wearables, Fitness, Apps, Social Media
  • eHealth = Telemedizin, eMedikation, Elektronisches Patientendossier EPD
  • TechHealth = Robotik, Sensorik, 3D-Druck
  • TechHealth = Robotik, Sensorik, 3D-Druck
DigitalHealth in der Schweiz

Die Herausforderungen des Schweizer Gesundheitswesens sind hinlänglich bekannt. Die zunehmende Überalterung der Gesellschaft und damit verbunden der allgemeine Kostenanstieg des Gesundheitswesens sind Anforderung und Antrieb an die DigitalHealth-Industrie, dieses System effizienter und damit kostengünstiger zu machen. Leider beherrscht der Föderalismus – genannt «Kantönligeist» – auch hier die Entwicklung. Die Kantone machen völlig unterschiedliche Vorgaben im Bereich DigitalHealth, was eine flächendeckende und einheitliche Einführung von DigitalHealth-Anwendungen verunmöglicht.

Datenschutz

Von zentraler Bedeutung für das Thema ist aber der Datenschutz. Es ist einfach, Daten in grossen Mengen zu sammeln, zu speichern und weiterzuleiten. Der Schutz der hochsensiblen Gesundheitsdaten muss aber gewährleistet sein, damit auch seitens der Bevölkerung und damit der Betroffenen eine grosse Akzeptanz gegenüber DigitalHealth gewährleistet wird. Für das EPD (Elektronische Patientendossier) wurde 2017 ein Bundesgesetz verabschiedet, welches den Zugriff auf die Daten exakt regelt.

«Der «Kantönligeist» führt zu einer starken Fragmentierung in der Einführung von Digital Health.»

Der Markt

Der Gesundheitsmarkt hat ein riesiges Potenzial. Viele – auch Branchenfremde – versuchen, sich eine Scheibe davon abzuschneiden. Beispiele?

Die Migros hat eine Health-Plattform (iMpuls) mit Informations- und Beratungsangeboten rund um das Thema Gesundheit lanciert. Zusätzlich steigt die Migros ins Apothekengeschäft ein und betreibt in Bern eine Shop-in-Shop-Apotheke in Zusammenarbeit mit der Zur Rose Versandapotheke. Die Post betreibt eHealth-Lösungen mit einem grossen Spektrum und arbeitet mit 7 Kantonen zusammen, gleichzeitig übernahm Swisscom das medizinische Informationssystem TriaMed von Galenica, welches alle Informationen rund um die Abläufe in einer Arztpraxis verarbeitet und damit eine vollständige medizinische Dokumentation ermöglicht. Neue Netzwerke entstehen, ein regelrechter Startup-Boom ist im DigitalHealth-Markt zu beobachten. Krankenversicherer versuchen, mit Gesundheitsplattformen und -Apps ihre Versicherten zu einer gesünderen Lebensweise zu motivieren – mit oder ohne monetäre Anreize.

Was bringt mir das als PatientIn?

Im Bereich eHealth werden immer neue Apps dabei helfen, die eigene Gesundheit zu überwachen oder zu beeinflussen. Beispiele dazu sind Apps im Bereich Psychische Balance (velibra, deprexis, somniva, alle von der GAIA AG), die alle in enger Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern, Ärzten und Psychotherapeuten entwickelt wurden und deren Wirkung in diversen klinischen Studien belegt ist. Allerdings ist auch klar belegt, dass alle Gesundheits-Apps, auch der Versicherer, von den Kunden nur während relativer kurzer Zeit (2–3 Wochen) benutzt werden, und allfällige Hinweise aus der App mit dem Facharzt diskutiert werden – der Mensch steht immer noch im Mittelpunkt.

Die Telemedizin verbindet den Menschen auf digitale Weise mit seinem Arzt. Medgate bietet für diverse Versicherer ihre Dienste an, und hat hiermit in den letzten Jahren eine grosse Akzeptanz erreicht. Mit der neuen App kann direkt online ein Termin gebucht oder ein Foto gesendet werden (siehe separater Beitrag).

Fazit

Nein – DigitalHealth wird die Kosten im Gesundheitswesen nicht in absehbarer Zeit um 35% senken können. Aber: DigitalHealth ist gekommen, um zu bleiben. Die unzulässigste Antwort zur Ablehnung des Themas wäre es, zu sagen: «Es ging ja früher auch ohne». Dazu bietet das Thema zu viele Chancen und Möglichkeiten. Es liegt nun an den Entscheidungsträgern im Gesundheitswesen, strategisch festzulegen, auf welchem Gebiet sie mittelfristig ihre Ressourcen fokussieren müssen, um die Transformation zu einem DigitalHealth-System erfolgsversprechend zu gestalten.

Quelle: Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, «Digital Health – die Zukunft des Schweizer Gesundheitswesens».

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