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Mathe. Deutsch. Glück.

Schulfach
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Glück als Schulfach

Der ehemalige Schuldirektor Ernst Fritz-Schubert hat 2007 an seiner Schule in Heidelberg das Unterrichtsfach «Glück» entwickelt. Heute gibt er das Konzept in seinem pädagogischen Institut an andere Lehrer weiter.

Herr Fritz-Schubert, wie kamen Sie auf die Idee? Müssen Schülerinnen und Schülern beigebracht bekommen, Glück zu empfinden?

Ich war zu dem Zeitpunkt schon 30 Jahre im Schuldienst und mir war klar, dass Schüler die Schule nicht als Ort empfinden, an dem sie glücklich sind. Dabei sollte es die Aufgabe der Schule sein, Freude am Lernen zu wecken und zu erhalten – nicht nur zur Erfüllung akademischer Ziele. Ich habe das Gefühl, dass die Schule uns die Neugier abgewöhnt. Entgegen aller Erkenntnisse der Psychologie behandeln viele Pädagogen ihre Schüler wie «Lernmaschinen», die vorgegebene Inhalte reproduzieren. Aber wenn Lehrer sich nicht als Fehlersucher, sondern als Schatzsucher verstehen, hat das positive Auswirkungen für beide Seiten.

Mir ging es vor allem um benachteiligte Schüler, die von der Schule so negativ beeindruckt sind, dass sie die Lust am Lernen verloren haben. Das Schulfach Glück dient dazu, die Persönlichkeit zu stärken. Viele Studien belegen, dass Menschen, die glücklich und zufrieden sind, weniger streiten, gesünder, aufnahmefähiger und kreativer sind.

Was sind die Inhalte des Schulfachs Glück?

Zufriedenheit und Lebenskompetenz sind das Ziel des Schulfachs Glück. Dazu zählen Sinnfindung, Geborgenheit, soziale Beziehungen, selbstbestimmtes Handeln, Selbstakzeptanz, Umweltbewältigung, und die persönliche Weiterentwicklung.

Das lässt anhand von vier Fragen in Lernschritte einteilen: Wer bin ich? Was brauche ich? Was kann ich? Was will ich? Die Schüler lernen, ihre Träume und Bedürfnisse wahrzunehmen, daraus Ziele zu formulieren und Wege zu finden, um sie zu verwirklichen. Sie setzen sich aber auch mit dem Scheitern auseinander. Es ist wichtig früh zu lernen, auch mit Niederlagen richtig umzugehen, sie als Chance zu begreifen, um künftige Herausforderungen besser bewältigen zu können.

«Lehrer sollten nicht Fehlersucher sein, sondern Schatzsucher.»

Dr. phil. Ernst Fritz-Schubert, Erfinder des Schulfaches Glück


Wie kann man sich eine Unterrichtsstunde vorstellen?

Bewährt hat sich die Verbindung psychologischer Erkenntnisse mit praktischen Übungen, die unter die Haut gehen, damit sie sich im Gehirn verankern. Einer meiner Schüler hat es so beschrieben: «Was man in Ethik gelehrt bekommt, üben wir im Schulfach Glück.»

Für Grundschüler gibt es eine schöne Übung für Wertschätzung: Ein Kind sitzt und die anderen flüstern ihm im Vorbeigehen etwas Nettes ins Ohr. Dabei erleben die Schüler, dass es Wohlbefinden auslöst, Komplimente zu empfangen und Komplimente zu machen, und dass es sich nicht gut anfühlt, andere zu demütigen. Für die Oberstufe habe ich das Spiel «Tempel der Tugenden» entwickelt. Es basiert auf der Tugendlehre von Aristoteles. Die Schüler erarbeiten dabei ihr Persönlichkeitsprofil und werden sich ihrer Charakterstärken bewusst.

Was verändert der Glücksunterricht bei den Schülern?

Wissenschaftliche Begleituntersuchungen bestätigen, dass sie ein stärkeres Selbstwertgefühl entwickeln. Sie sind verständnisvoller, gehen offen auf andere Menschen zu, trauen sich mehr zu und verfolgen optimistischer ihre Ziele.

Wie viele Schulen haben das Konzept bereits übernommen?

In der Schweiz gibt es bisher nur wenige Schulen, welche das Fach «Glück» anbieten. Die Nachfrage wächst – wenn auch langsam – vor allem auch an den pädagogischen Hochschulen.

 

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