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Höhentraining – Teil 1

Höhentraining
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Höhentraining – Vorsprung dank dünner Luft

Ohne Sauerstoff läuft nichts! Damit der Organismus seine Leistungsfähigkeit aufrechterhalten kann, muss er mit genügend Sauerstoff versorgt werden.

Nicht nur im Ausdauersport ist die maximale Aufnahmefähigkeit von Sauerstoff (VO2max) ein leistungslimitierender Faktor. Wer sich zwischen mehreren Sprints erholen muss, profitiert ebenfalls von einem besseren Sauerstofftransport. Um die Versorgung der Muskulatur mit Sauerstoff zu verbessern, wird im Sport manchmal zu illegalen Methoden gegriffen, wie die Zufuhr des Hormons EPO. Erlaubt, bekannt und wissenschaftlich fundiert ist das hochintensive Intervalltraining. Ebenso sehr beliebt, bekannt, aber aufgrund der Studienlage eher fragwürdig in der Wirksamkeit, ist das Höhentraining.

Noch einige Fragen offen

Die sportmedizinische Forschung setzt sich seit ca. 50 Jahren mit der Leistungsfähigkeit und dem Training unter Höhenbedingungen auseinander. Angefangen hat es mit den Olympischen Spielen im Jahr 1968 im ca. 2300m.ü.M. gelegenen Mexico City und der Frage, ob die hohe Belastung in der Höhe nicht schädlich sei (Roskamm et al., 1968). Zudem existieren zahlreiche anekdotische Berichte über sportliche Höchstleistungen nach Höhentrainings. Weiter bestärkt wird die Theorie, dass Höhentraining auf legale Weise die O2-Transportkapazität und damit auch die Leistungsfähigkeit im Tiefland verbessern könnte, durch überragenden Erfolge der Läufer aus dem afrikanischen Hochland um das Jahr 2000.

Die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen sind bisher allerdings widersprüchlich und werfen verschiedene Fragen auf (Friedmann & Bärtsch, 1999). Noch ist unklar, wie hoch das Training gelegen sein muss, wie viele Stunden täglich notwendig sind und über wie viele Wochen sich ein Sportler in seiner Trainingszeit wie auch in seiner trainingsfreien Zeit in der Höhe bzw. in Sauerstoffknappheit aufhalten muss (Friedmann, 2000).

Die neuesten sportmedizinischen Erkenntnisse legen nahe, dass keine pauschalisierte Aussage möglich ist, da es Athleten gibt, die auf ein Höhentraining ansprechen und andere halt eben nicht. «Responder» reagierten während den Untersuchungen schon zu Beginn des Höhenaufenthaltes mit einem deutlichen EPO-Anstieg und der damit verbundenen Zunahme der Neubildung roter Blutkörperchen und der Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme. Im Gegensatz dazu war bei «Non-Respondern» keine oder nur eine geringe Veränderung zu sehen. Die Personen mit Reaktionen auf die Sauerstoffverknappung konnten ihre Laufleistung über eine Wettkampfdistanz von 5000 Metern im Anschluss an das Experiment verbessern (Lundby & Robach, 2016. Brocherie et al. 2017).

Die Studien legen nahe, dass sich interindividuelle Unterschiede zeigen, sowohl in der Reduktion der Leistungsfähigkeit bei akuter Höhenexposition als auch hinsichtlich der Anpassungsreaktionen und der Leistungsverbesserung nach Akklimatisation. Die individuell unterschiedlichen Reaktionen auf den tiefen Sauerstoffgehalt sind wahrscheinlich auch eine Erklärung für zum Teil widersprüchliche Ergebnisse zum Höhentraining.

Kurz- und Langzeiteffekte für bessere Leistung

Mit zunehmender Höhe wird der Sauerstoffgehalt in der Luft geringer. Wird die Luft dünn, sucht sich der Körper verschiedene Wege, um die Versorgung kurz- und langfristig sicher zu stellen. Kurzfristige Anpassungen sind die Erhöhung der Atemfrequenz, die Vergrösserung des Atemzugvolumens und wenn nötig im letzten Schritt die Drosselung der Leistung.

Die Studie von Lundby & Robach (2016) zeigt, dass sich Anpassungen an die Luft im Stoffwechsel und den roten Blutkörperchen schon nach wenigen Stunden zeigen. Da Blutzellen 120 Tage leben, werden die Effekte für eine verbesserte Sauerstoffversorgung gemäss den Forschern auch diese Zeit überdauern. Somit profitieren regelmässige Berggänger von den provozierten Veränderungen auch bei der nächsten Höhentour.

Langfristige Anpassungen, um mit der Sauerstoffknappheit klar zu kommen, sind die Vermehrung von roten Blutkörperchen und mehr Hämoglobin im Blut, die verbesserte Kapillarisierung und Sauerstoffabgabe an das Gewebe sowie die Zunahme der Mitochondrienzahl und eine höhere Aktivität der oxidativen Enzyme (Reiss, 1998. Wolski, 1996). Um diese Reaktionen im Körper auszulösen, sind allerdings nicht nur vereinzelte Ausflüge in die Berge nötig. Effekte auf dieser Ebene bedürfen Hypoxieexposition von mehreren Wochen. Wie solche Höhentrainingsphasen aussehen können, sind im Beitrag zu den Formen des Höhentrainings zu lesen.

Quellen

Brocherie F. et al. (2017) Effects of Repeated-Sprint Training in Hypoxia on Sea-Level Performance: A Meta-Analysis. Sports Medicine.

Friedmann B. (2000) Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, Jahrgang 51, Nr. 12, 418-423.

Friedmann B, Bärtsch P. (199) Möglichkeiten und Grenzen des Höhentrainings im Ausdauersport. Leistungssport 29. 43-48.

Lundby C., Robach P. (2016) Does altitude training increase exercise performance in elite athletes? Experimental Physiology, 101, 783–788.

Reiss M. (1998). Hauptrichtungen des Einsatzes und der Methodik des Höhentrainings in den Ausdauersportarten. Leistungssport 4. 21-28.

Roskamm H., Samek L., Weidemann H. (1968): Leistung und Höhe. Knoll AG, Ludwigshafen.

Wolski LA, McKenzie DC, Wenger HA. (1996) Altitude training for improvements in sea level performance. Is there scientific evidence or benefit? Sports Med 22. 251-263.

 

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