Direkt zum Inhalt
Mikrochip
100

Auf Knopfdruck Verhütung

139
3 Min.

Chip soll 16 Jahre vor Schwangerschaft schützen

Pille war gestern: Ein kleiner Chip unter der Haut soll Frauen künftig 16 Jahre lang vor Schwangerschaften schützen. Auch chronisch Kranke könnten von der Technik profitieren.

Antibabypille, Spirale, Verhütungsstäbchen, Kondome – die Liste der verfügbaren Verhütungsmittel ist lang. Derzeit arbeiten Forscher an einer neuen Methode. Das Prinzip klingt verlockend: Einmal unter die Haut gepflanzt und per Fernbedienung aktiviert, gibt ein winziger Chip über 16 Jahre hinweg Hormone ab, die vor Schwangerschaften schützen. Stoppen lässt sich das Gerät einfach per Fernsteuerung.

Die Idee für das Implantat soll Microsoft-Mitbegründer Bill Gates persönlich gehabt haben. Seine Stiftung unterstützt das Projekt mit umgerechnet etwa 3,4 Millionen Euro. Demnach richtet sich die Erfindung vor allem an Frauen in Entwicklungsländern, wo Verhütungsmittel oft noch rar sind. Aber auch in westlichen Staaten könnte der Chip eine zuverlässige und vor allem komfortable Alternative sein, hoffen die Forscher. Lästige Erinnerungswecker wären damit Geschichte, das Vergessen der Pille unmöglich.

Hightech-Version der Verhütungsstäbchen

Das etwa zwei mal zwei Zentimeter kleine Implantat gibt monatlich immer zur gleichen Zeit die gleiche Menge Hormone ab. «Der Verhütungschip enthält einzelne Dosen eines bereits breit eingesetzten Progestins», erklärt Robert Farra von der Firma MicroChips, die von Wissenschaftlern des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, Massachusetts, gegründet wurde und das Implantat entwickelt. Progestine sind heute bereits in Antibabypillen, Hormonspiralen und Verhütungsstäbchen enthalten. Sie hemmen den Eisprung und schützen so vor einer Schwangerschaft.

Die Hormondosen werden in einzelnen Kammern auf dem Chip gespeichert. «Ein kleiner Computer und eine Uhr auf dem Chip sorgen dafür, dass genau zur richtigen Zeit jeden Monat immer die gleiche Progestin-Menge abgegeben wird», so Farra. Eine Batterie sendet dann Strom durch den Chip. Der Strom lässt ein Verschlusssiegel aus Titan und Platin schmelzen, sodass das Hormon aus der Kammer ins Gewebe fliesst.

Durch die exakte Dosierung erhoffen sich die Entwickler geringere Nebenwirkungen als bei Verhütungsstäbchen oder der Hormonspirale. Die etablierten Verhütungsmethoden geben das Geschlechtshormon kontinuierlich, aber nicht immer in exakt der gleichen Menge ab. Zudem hält der Chip deutlich länger als Hormonstäbchen – und er lässt sich per Fernbedienung abschalten, falls die Frau schwanger werden möchte. Eingesetzt wird der Chip in einer halbstündigen Operation unter lokaler Betäubung.

Immer noch Zukunftsmusik

Getestet wurde der Mikrochip bislang allerdings nur an acht Frauen mit Knochenschwund, die 2012 ein Osteoporosemedikament über das Implantat bekommen haben. Die Verhütungsvariante sollte eigentlich 2018 auf den Markt kommen. Bis anhin ist das allerdings noch nicht so – auch was die Chips kosten werden, ist noch nicht klar. Sie könnten aber durchaus mit bisherigen Methoden konkurrieren, vor allem wenn man bedenkt, dass das Implantat 16 Jahre hält.

Spiegel Online, Julia Merlot

139
3 Min.