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Notfallapotheke auf Wandertouren: Das kleine Rote (mit Checkliste zum Download)
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Alles dabei?

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Soll eine Apotheke nun mit auf Tour oder nicht?

Ja, eine Apotheke soll mit auf Tour, denn passieren kann immer mal etwas. Es muss nicht gerade ein Beinbruch sein. Ein Schnitt in den Finger beim Zuschneiden des Steckens für die Wurst oder das Anschlagen des Kopfes an einem Ast genügen, damit Blut fliesst. Da ist man froh, wenn nur schon ein Heftpflaster zur Hand ist, oder eine Stützbinde, wenn aus dem Misstritt ein verstauchtes Fussgelenk resultiert. Doch was soll das Erste-Hilfe-Set alles beinhalten, und worauf kann man mit gutem Gewissen verzichten?

Weniger ist mehr

Da streiten sich die Geister. Die einen wollen für jeden erdenklichen Zwischenfall gewappnet sein, die anderen gehen davon aus, dass sie sowieso nie etwas brauchen. Klar ist, dass sich der Inhalt einer Notfallapotheke direkt im Rucksackgewicht niederschlägt. Je mehr Sicherheit mitwandert, desto mehr Gewicht muss getragen werden. «Klein, aber fein» ist eine wohlbekannte Devise, die mir in diesem Zusammenhang gut gefällt. Auf einer einfachen Tageswanderung braucht es tatsächlich keine grosse Rucksackapotheke. Besser, man stellt sich nur das Allerwichtigste zusammen und nimmt es dann tatsächlich mit. Und weiss vor allem, was wie genau einzusetzen ist. Doch was ist das Allerwichtigste?

Das Basisset für Tagestouren
  • 1 Elastische Binde, 8 cm breit
  • 1 selbsthaftende Stützbinde, 6 cm breit, zum Schützen und Stützen von Muskeln und Bändern (speziell von Muskelfaserrissen und Zerrungen) und zum Fixieren bei Verletzungen (z. B. SportFix)
  • Jod- oder chlorhaltiges Desinfektionsmittel
  • 2 sterile Gazen zum Abdecken von Wunden, fixieren mit elastischer BInde oder Stützbinde
  • Blasenpflaster (Compeed)
  • Rettungsfolie zum Isolieren und Wärmen
  • Wundverschlussstreifen/Klammerpflaster
  • 6 Schmerztabletten (z. B. Ponstan 500, Voltaren 50 Xefo 8, Tilur)
  • Antihistaminika gegen plötzlich auftretende Allergien (z. B. Bilaxten, Cerzin, Teldane)
  • Zettel mit Inhaltsverzeichnis (hilft beim Ergänzen) und mit den wichtigsten Telefonnummern.

Einmal pro Saison sollte man jeweils den Zustand und die Ablaufdaten der Medikamente kontrollieren: evtl. Verbandsschere, falls nicht im Sackmesser, evtl. Zeckenzange, je nach Wanderregion.

Für Mehrtagestouren ergänzen mit:

  • Desinfizierender Salbe (z. B. Bepanthène-plus-Creme, Betadine-Salbe 30 g)
  • Mittel gegen Magenbeschwerden (z. B. gegen Übelkeit Motilium lingual zum Lutschen, gegen Übersäuerung Pantoprazol)
  • Mittel gegen Kopfweh (z. B. Aspegic 500, Ponstan 500, Irfen 600)
  • 1 kleine, gepolsterte und formbare Aluschiene zum Ruhigstellen verletzter Körperteile
Wissen, was zu tun ist

«Auf einfachen Wanderungen und Bergtouren stehen die Wundversorgung und die Schmerzbekämpfung im Vordergrund», rät der Solothurner Arzt Daniel Rossel, der selber auch ein begeisterter Bergsteiger ist. Denn passiere auf einer Tour wirklich einmal ein ernsthafter Unfall, führe das beim Laien normalerweise zu einer Stresssituation, die er nur schwer in den Griff bekomme. Ganz abgesehen davon, dass die Möglichkeiten medizinischer Hilfe bei einem ernsthaften Vorfall am Berg – wie bei einem Steinschlag, einem Absturz oder einem gravierenden medizinischen Problem – sowieso beschränkt seien, gehe es in einer ersten Phase erst mal um die Erstversorgung und Stabilisierung des Verunfallten. Mit gut eingeübten Routinehandlungen erreicht man da bessere Ergebnisse als mit wilder Aktionitis.


«Auf einfachen Wanderungen und Bergtouren stehen die Wundversorgung und die Schmerzbekämpfung im Vordergrund.»


Völlig klar ist, dass es bei ernsthaften Vorfällen professionelle Hilfe braucht. Was heisst, dass eine funktionierende Alarmierungshilfe wie ein (aufgeladenes) Mobiltelefon mit den wichtigsten Notfall-Apps (z. B. Uepaa) und/oder, wenn man in einer Gruppe unterwegs ist, mindestens ein Funkgerät im Gepäck mit dabei sein muss. Man muss sich jedoch bewusst sein, dass von vielen Standorten in alpinen Zonen wegen der Abgeschiedenheit keine Handy-Verbindungen möglich sind. Im Notfall kann eine Signalpfeife gute Dienste leisten – an vielen Rucksäcken ist eine solche in der Brustgurtschnalle eingebaut. Für mich zählt auch eine leichte Stirnlampe zum Notfall-Equipment.

Doch zurück zur Apotheke. Mit einem kleinen Basisset ist man auf den meisten Touren also bestens gerüstet. Für mehrtägige Trekkings ergänzt man dieses Set mit einigen weiteren wichtigen Utensilien – dies natürlich immer in Absprache mit den anderen Teilnehmern, so man nicht allein unterwegs ist. Daran denken sollte man, dass sowohl Alarmierungsmittel wie auch Apotheke wasserdicht verpackt werden müssen.


«Alarmierungsmittel wie auch Apotheke wasserdicht verpacken!»


Die Spezialisten für Gebirgsmedizin

Die 1994 von bergbegeisterten Ärzten gegründete Schweizerische Gesellschaft für Gebirgsmedizin SGGM ist eine Non-Profit-Organisation. Ihre Ziele sind Ausbildung, Lehre und Forschung sowie der nationale und internationale Erfahrungsaustausch auf den Gebieten der Physiologie, Rettungs- und Sportmedizin sowie anderer medizinischer Disziplinen im Zusammenhang mit bergsteigerischen Tätigkeiten. Diese Ziele erreicht die SGGM durch medizinische Aus- und Weiterbildungen sowie den Austausch von Erfahrungen für alle im Gebirge tätigen Personen und Interessengruppen, wie Bergführer, Skilehrer, Personal von Gebirgsbahnen, Angehörige alpiner Vereinigungen, von Sportverbänden wie Delta- und Gleitschirmseglern sowie Organisatoren von Trekkings und Expeditionen.

Aus den Kreisen der SGGM – von Urs Hefti, Martin Walliser und Anna G. Brunello – stammt auch das Buch «Gebirgs- und Outdoormedizin – Erste Hilfe, Rettung und Gesundheit unterwegs», das im SAC-Verlag erstmals erschienen ist. Das wichtige Kapitel Reanimation kann auf www.sggm.ch kostenlos heruntergeladen werden.

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