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Magazin 2019 Stretching
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Stretchen: Sakrosankt oder Unsinn?

Seit den Siebzigerjahren gehört Dehnen vor dem Sport dazu. Ganze Generationen haben im Schulsport vor Beginn «gestretcht», auf dem Grümpelturnierplatz gedehnt und vor dem Skilift gewippt wie die Weltmeister. Doch welche Überraschung: Seit Kurzem ist das Dehnen in der Sportwelt umstritten, und selbst bei Profis und Sportmedizinern gehen die Meinungen weit auseinander. Wir lassen beide Seiten zu Wort kommen.

Pro

Dave Dollé, Personal Trainer und ehemaliger Spitzen-Leichtathlet

Wenn ein Fussballer oder Tennisspieler auf den Platz geht, will er von der ersten Minute an voll da sein. Also perfekt grätschen oder sich maximal nach dem Ball strecken können. Das geht gar nicht ohne vorheriges Dehnen. Ein Jogger oder Radfahrer hingegen braucht es weniger, auch wenn ich persönlich noch keinen Sportler getroffen habe, der nicht gerne beweglicher und geschmeidiger wäre. Und da hilft Dehnen!

Nicola Spirig Portrait
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Contra

Nicola Spirig, Zweifache Olympiamedaillengewinnerin im Triathlon

Für mich persönlich war Dehnen nie ein wichtiger Faktor. Als Triathletin brauche ich keine extrem flexiblen Sehnen und Bänder, sie könnten gar zu Verletzungen führen, weil dann die Stabilität fehlt. Deshalb dehne ich nur zur Entspannung nach dem Training. Und das in warmer Umgebung, am besten sogar im warmen Thermalbad oder in der Sauna.

Was die Wissenschaft dazu sagt

Die beim Sport beanspruchten Muskeln lassen sich grob in zwei Gruppen unterteilen: Die einen ziehen sich zusammen, um Kraft auszuüben. Die anderen halten das Skelett und andere Strukturen zusammen und schützen die Gelenke, indem sie diese vor unnatürlichen Stellungen bewahren. Beim Dehnen sollen einerseits die stabilisierenden Muskeln etwas flexibler gemacht und auf die sportliche Belastung vorbereitet, andererseits Kraft ausübende Muskeln nach der Belastung entspannt werden. Trotz vieler wissenschaftlicher Studien lassen sich jedoch weder die positiven Effekte noch allfällige Stretching-Schäden nachweisen.

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