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Eine Schneeschuhwanderung abseits der viel begangenen Routen im Entlebuch. Mit viel Ruhe. Einem Alpbeizli. Und durch einen Märchenwald. 

Jedes Mal, wenn ich im Entlebuch – im grössten Buch der Schweiz, wie es die Einheimischen liebevoll nennen – unterwegs bin, denke ich: Ich muss öfters ins Entlebuch wandern gehen. Das sage ich nicht, weil ich gebürtiger Luzerner bin, sondern weil es eine wunderschöne waldig-hügelig-gebirgige Voralpenlandschaft ist. Hier eine Schneeschuhwanderung, welche Ihnen einen unvergesslichen Tag inmitten dieser herrlichen Gegend bescheren wird.

 Das Postauto bringt uns der Waldemme entlang vom Bahnhof Schüpfheim zur Postauto-Haltestelle Hirsegg. Hier schnallen wir die Schneeschuhe an und wandern erst über die Brücke, dann vor dem Haus rechts langsam hoch Richtung Kaiserschwand. Ist die Strasse schneefrei, ziehen wir die Schneeschuhe oben nach den ersten winterlichen Tannen bei den weissen Siloballen an. Ab hier den gelben Wegweisern Richtung Bodenhütten folgen. Vor dem Jägerunterstand dann die Strasse rechterhand hinauf verlassen, zwischen Telefonstange und Wurzelstöcken hindurch. Ein Tälchen leitet nach rund fünfzig Metern über die Wiese hinauf und wieder zurück auf die Strasse am Waldrand. Auf der gegenüberliegenden Talseite ragt der bewaldete Gipfel der Hagleren auf, am Horizont thront das Brienzer Rothorn (2348 m) auf der schneebedeckten Gebirgskette und direkt über uns breitet sich die eingeschneite Karstlandschaft der Schrattenfluh mit den Hächlezänd obendrauf aus. Beim nächsten Holzstapel sprudelt ein Bach, diesen überqueren wir und folgen dann den Lichtungen hoch zu Bodenhütten und zur ersten Rast. 

 

Durch den Märchenwald 

Wir haben auf der Wanderung den lokalen Wildhüter getroffen und ein spannendes Gespräch über Wildtiere, Wolf und Herdenschutz im Entlebuch geführt. Er zeigte sich auf Nachfrage sehr erfreut darüber, wie gut sich die Tourengeher an die offiziellen Wege in den Wildruhezonen halten. Auch wir wollen ihm Freude bereiten. Denn der folgende Abschnitt führt in einen märchenhaft verschneiten Tannenwald und durch eine Wildruhezone. Der markierte Wanderweg ist die offiziell erlaubte Route. Wenn es bereits eine Spur hat, gestaltet sich die Wegfindung einfach. Falls nicht, immer das nächste Wanderzeichen an den Bäumen suchen und so die richtige Spur ziehen. Erneut dem gelben Pfeil, jetzt Richtung Silwängen, folgen. Das erste Wanderzeichen leuchtet an einem Wurzelstock am Waldrand. Von dort geradeaus hoch, das nächste Wanderzeichen wartet rot-weiss-rot an einer Tanne. Die weiteren Markierungen sind dann immer gut sichtbar. In der Wildruhezone sind wir – nomen est omen – ruhig. Als Belohnung hören wir dafür das Knirschen des Schnees unter den Schneeschuhen. Das leise Rieseln des Schnees. Das Tropfen der Bäume. Lauschen den Vogelstimmen (die Spechte balzen/trommeln im Frühjahr). Achten auf die Tierspuren, die unseren Pfad kreuzen: Maus? Eichhörnchen? Reh? Gämse? Hirsch? Luchs? Wolf (oder doch eine Hundespur)? Von welchem Tier stammt wohl die Losung, stammen die Frassspuren neben dem verschneiten Pfad? In kurvigem Hin und Her und Auf und Ab führt die Spur durch die stimmungsvolle, nordisch anmutende Baumlandschaft voller wilder Ruhe. 

 

Alpbeizli Schlund und Zwipf-Hüttli 

Bei der Alp Silwängen angelangt verlassen wir den Märchenwald und die Wildruhezone. Ab hier geht’s der Strasse entlang hinunter Richtung Schlund. Wer die Tour an einem Wochenende (Sa/So) oder an einem Feiertag unter die Füsse nimmt, kann im Alpbeizli Schlund einkehren. Hier treffen sich Skitourengänger und Schneeschuhbegeisterte von der Schrattenfluh und vom Böli zum warmen Stelldichein bei einem Kafi Luz. Der Blick schweift von der Terrasse hoch über die Bäume auf die karge Südseite der Schrattenfluh. Auch im Winter kann man sich gut vorstellen, wie hier der Teufel der Sage nach die saftig-schönen Wiesen und Weiden vom darunterliegenden Schrattenkalk abgekratzt hat. Gestärkt folgen wir auf dem letzten Abschnitt unserer Tour den vielen Spuren über den breiten Rücken hinunter zur Stächelegg. Und schon stehen wir wieder bei der Brücke und auch beim Selbstbedienungs-Hüttli Zwipf. Hier gibt’s warmen Kaffee mit Gügs, Schorle, Apfelpunsch (im Winter), Glace (im Sommer) und andere feine Sachen. So lassen sich die Minuten bis zur Rückfahrt mit dem Postauto lecker vor der Brücke überbrücken. Falls Sie diesen Winter nicht zum Schneeschuhlaufen kommen oder den Wandertipp im Sommer lesen: Die Wanderung am Fuss der Schrattenfluh ist ganzjährig ein Vergnügen und naturkundliches Erlebnis. Einzig auf den Kafi Luz müssen Sie im Sommer verzichten. Das Alpbeizli Schlund hat nur vom 15. November bis 15. Mai geöffnet. Schade eigentlich.

Karte
50
StartPostauto-Haltestelle Sörenberg Hirsegg
ZielRundweg zurück zur Haltestelle Sörenberg Hirsegg
Anreisemit öV oder PW
Rückreisemit öV oder PW
CharakteristikSchneeschuhwanderung durch die herrlich schöne Entlebucher Voralpenlandschaft
RouteHirsegg, 1070 m – Bodenhütten, 1436 m – Silwängen, 1569 m – Schlund, 1477 m – Hirsegg, 1070 m
Zeitca. 3.00 h (ohne Pausen)
Distanz8 Kilometer
Höhendifferenz515/515 Höhenmeter auf/ab
AusrüstungSchneeschuhe, Sicherheitsausrüstung mit LVS, Feldstecher, Picknick mit Tee
VerpflegungsmöglichkeitenAlpbeizli Schlund und Zwipf-Hüttli
Wanderkarten1:25 000, Nr. 1189 Sörenberg
GeheimtippsDas Schlund-Beizli ist während des Sommers geschlossen. Im Winter ist es ab Mitte November bis Mitte Mai bei schönem Wetter jeweils am Samstag, Sonntag und an den Feiertagen geöffnet.

 

Dominik Abt

Dominik Abt, Wanderleiter SBV, leitet Wanderungen und Trekkings in der Schweiz und weltweit.

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