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Hormone
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Boten des Gehirns. Hormone.

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Fremdgesteuert: Was Hormone bewirken

Hormone bestimmen unser Leben. Die Botenstoffe des Körpers lassen uns wachsen, steuern die Sexualität und sorgen dafür, dass das Gehirn funktioniert. Meistens tun sie das unbemerkt. Geraten sie auch nur ein wenig aus dem Gleichgewicht, klappt nichts mehr.

Botenstoffe aus der Zentrale

Das Gehirn ist die Kommandozentrale unseres Körpers, die alle Abläufe in unseren Zellen koordiniert. Dafür ist neben dem Nervensystem das Hormonsystem zuständig. Es nutzt chemische Botenstoffe, nämlich die Hormone, um Befehle weiterzugeben, etwa an den Kreislauf, den Stoffwechsel, den Salz- und Wasserhaushalt.

Hormone docken mit speziellen Molekülen an Rezeptoren der Zielzelle an. Diese Rezeptoren können auf unterschiedlichen Zelltypen sitzen und ganz unterschiedliche Stoffwechselvorgänge steuern. Ein Beispiel: Das Hormon Adrenalin regt in Muskeln die Durchblutung an, während es sie im Verdauungstrakt verlangsamt.

Wechselspiel mit Hormonen und Nerven

In diesem komplexen Zusammenspiel regeln Hormone das Wachstum, unsere Fortpflanzung und sogar unsere Gefühle. Dabei besteht zwischen dem Nerven- und dem Hormonsystem eine enge Wechselbeziehung.

So beeinflusst das Gehirn über den Hypothalamus hormonell alle Körperfunktionen. Umgekehrt ist das Gehirn auch Zielorgan zahlreicher Hormone. Sie wirken an der kognitiven Leistung ebenso mit wie am psychischen Befinden.

Die hormonelle Steuerzentrale sitzt im Gehirn

Das Kontrollzentrum des endokrinen Systems sitzt im Gehirn, im Hypothalamus. Hormonproduzierende Organe sind die Hirnanhangdrüse (Hypophyse), die Schilddrüse, die Bauchspeicheldrüse (Pankreas), die Nebennieren, die Hoden des Mannes und die Eierstöcke der Frau. Manche Hormone entstehen auch direkt in den Zellen, wo sie wirken sollen.

Der Hormonspiegel ist ein ständiges Auf und Ab

Die Hormonproduktion erfolgt in Regelkreisen, in denen sich Hormone gegenseitig stimulieren oder bremsen. Hormone entstehen im Tages-, Monats- oder Jahresrhythmus. Der jeweilige Hormonspiegel hängt ab von der Tageszeit, der Nahrung, von Stress, Alter und Geschlecht. Da die Konzentration jedes Hormons ständig schwankt, lassen sich Hormonspiegel nur schwer zuverlässig messen.

Sexualhormone arbeiten nicht gerade leise

Während viele Hormone ihre Aufgabe im Körper unmerklich erfüllen, machen sich die Sexualhormone lebhaft bemerkbar. Wenn sie in der Pubertät entstehen ebenso wie wenn sie im Körper von Frauen in den Wechseljahren abebben – Körper und Psyche stürzen in Turbulenzen. Im fortpflanzungsfähigen Alter steuern sie Lust, Potenz und Fruchtbarkeit – und damit die ganze Palette von Spass im Bett bis Verzweiflung über Kinderlosigkeit.

Eine anhaltende Schieflage im Hormonhaushalt macht sich durch deutliche Symptome bemerkbar. Das Gleichgewicht wiederherzustellen, erfordert exakte Feinabstimmung. Denn Hormone entfalten bereits in geringen Mengen eine ausserordentliche Wirkung. Beispiele sind der Einfluss des Insulins auf den Blutzucker, die Rolle des Wachstumshormons für die Entwicklung und die Bedeutung der Sexualhormone für die Fortpflanzung.

Hormonelle Störungen haben oft gravierende Folgen

Störungen des Hormonsystems können viele Ursachen haben: von einer angeborenen Autoimmunstörung über Defekte im Drüsengewebe bis zur Über- oder Unterproduktion eines Hormons. Wenn nur ein Rädchen im hormonellen Regelkreis blockiert ist, kann das schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben.

Schmaler Grat zwischen Schaden und Nutzen

Die meisten hormonellen Defizite lassen sich medikamentös beheben. Auch die Hormone selbst sehen Mediziner als interessante, aber komplizierte Therapeutika. Denn nicht immer sind sie so gut zu dosieren wie etwa Insulin für Diabetiker oder so einfach künstlich nachzubauen wie Östrogen oder Gestagen für die Antibabypille. Der Grat zwischen Nutzen und Schaden ist schmal, wie etwa die Hormonersatztherapie gegen Wechseljahresbeschwerden zeigt.

Kann ein Hormon Depressionen lindern?

Seit bekannt ist, wie Hormone auch die Psyche dirigieren, denken Mediziner über deren Einsatz gegen Depressionen und andere seelische Störungen nach. Dem «Kuschelhormon» Oxytocin gilt dabei die besondere Aufmerksamkeit zur Behandlung fehlerhafter Stressregulierung.

Die extrem labile Balance des hormonellen Regelkreises stellt bisher jedoch ein unüberwindliches Hindernis dar. Hormongaben wirken gewissermassen auf jeden Patienten anders – von gut bis gar nicht - oder sie lösen ein psychisches Problem und schaffen dabei ein neues an anderer Stelle.

Die Hormonforschung hat noch viele Geheimnisse zu lösen!

 

Aus: Focus.de / Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)

«Liebe ist ein Boogie-Woogie der Hormone.»

Henry Miller, US-amerikanische Schriftsteller und Maler (1891–1980)

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